Dienstag, 26. Mai 2015

26.05.2015

Mein kleiner Bruder und ich liegen mit Fieber, Kopf- und Halsschmerzen auf der Couch, spielen DS und sehen nebenbei fern. Alles ist schön. Keiner außer uns ist da. Keiner stört uns. Dann kommt der Freund von meiner Mutter nach Hause. Er kommt ins Wohnzimmer, guckt genervt und sagt kalt "hi." Mein Bruder und ich sagen hallo. Er geht in die Küche. Er kommt zurück und fragt "Wer hat gekocht?" Ich sage leise "Ich... aber nur Nudeln", denn auf dem Herd stehen 3 Töpfe und 1 Pfanne und nur einer der Töpfe ist von mir. "und was war dann in der kleinen Pfanne?" fragt er. "Ich weiß es nicht, die stand schon da." "Aha. Und die Melone aufm Tisch?" "Ich glaube die Mama hatte die mitgebracht" sage ich. "Die stand aber heute morgen noch im Kühlschrank." antwortet er zickig. "Die Mama hatte M. heute Morgen was davon gegeben, vielleicht hat sie sie auf dem Tisch stehen lassen.." antworte ich. "Immer warn alles die anderen und nie weiß jemand irgendetwas" motzt er vor sich hin während er nochmal den Raum verlässt. Als er wieder reinkommt sagt er "Man kann auch etwas aufräumen was man nicht war, das würde es allen leichter machen." Stille. Dann meckert er weiter zu meinem Bruder "Sitzt du schon wieder an dem Ding? Du sitzt da doch bestimmt schon wieder dran seit du zu Hause bist." Mein Bruder schüttelt den Kopf. "Nein? Was hast du denn heute schon gemacht?" Ich antworte für ihn "ferngesehn. und gegessen." Wenn mein Bruder nicht antwortet fängt er immer an laut zu werden. Das macht mir Angst und meinem Bruder auch. "Wow, klasse." antwortet er. Ich fange langsam an meine Sachen zusammen zu packen, weil mir unerklärlicherweise wieder Tränen in den Augen stehen. Ich lege mich in mein Bett und spiele weiter. Mein Zimmer ist dunkel. Der Rollo ist unten und das Licht ist aus. Man sieht den Boden vor lauter Chaos nicht und es ist stickig. Ein paar Minuten später kommt er zur Tür rein und sagt "Du kannst mit deinem Bruder den Müll rausbringen." "okay..." sage ich, klappe den DS zu und gehe in den Flur. "Sind beide randvoll, könnt ihr gucken, wie ihr die rauskriegt ohne dass die kaputt gehen." sagt er und setzt sich aufs Sofa. Ich nehme den Plastikmüll raus und gebe ihn meinem Bruder in die Hand. Dann nehme ich den Restmüll raus, gehe ins Gäste-Wc und hole dort das Katzenstreu von letzter Woche. Meine Mutter hatte mich gebeten Katzenstreu zu kaufen und das Katzenklo dann sauber zu machen. Ich war verabredet und hätte es erst am nächsten Tag machen können, also hatte er es übernommen und offensichtlich war er zu faul das schmutzige Katzenstreu in die Tonne zu bringen.

Wie auch immer. Ein ganz normaler liebloser Nachmittag in meiner Familie halt. Viele würden das als völlig normal bezeichnen. Dennoch weine ich jedes Mal, wenn ich angemault werde. Denn ich werde angemault, egal was ich tue. Offensichtlich kann ich nichts richtig machen. Und mir fehlt die Liebe und die Wärme. Das überträgt sich auch aufs Essen. Essen, was mit Liebe, extra für mich zubereitet ist, von jemandem, den ich auch liebe, gibt mir ein sicheres Gefühl. Essen, was ich dagegen einfach aus der Küche hole und in mich hineinstopfe, gibt mir ein Gefühl von Kontrollverlust und Scham. Und in letzter Zeit fühle ich nur noch Scham. Das Gefühl von Sicherheit fühle ich vielleicht zwei mal im Jahr von meiner Mutter und ein Mal im Monat von meinem Freund. Aber sonst ist es nur unkontrollierte Fresserei... Und je trauriger ich bin, desto mehr schäme ich mich...

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